Ute Baumhackl

Über Shakespeares Privatleben wissen wir so gut wie nichts. Die Nordirin Maggie O’Farrell füllt diese Leere mit einem spektakulären Roman, der nicht nur eine große Liebesgeschichte erzählt, sondern auch von Leben und Tod vor 400 Jahren. Herzzerreißend und so spannend wie ein Thriller.

Maggie O’Farrell. Hamnet. Piper, 416 S., 23 Euro.

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Martin Gasser

Schriftstellerin und Essayistin Marica Bodrožić hat während der Pandemie nicht nur täglich Rainer Maria Rilkes Gedicht „Der Panther“ rezitiert, sondern sich viele Gedanken gemacht, die sie in diesem dichten, tiefschürfenden Text zusammengefasst hat.

Marica Bodrožić. Pantherzeit. Vom Innenmaß der Dinge. Otto Müller. 264 Seiten, 22 Euro.

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Marianne Fischer

Dass sie Welten trennen, merkt man erst spät: Da ist die ihr reiches Elternhaus verleugnende Elisabeth, die mit ihrer Familie von New York aufs Land zieht. Dort ist ihr Babysitter, die viel jüngere Studentin Sam. Herzerwärmend wie „Sommer in Maine“.

J. Courtney Sullivan. Fremde Freundin. Zsolnay, 528 Seiten, 24,70 Euro.

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Daniel Hadler

Autor Christian Kracht schickt seinen gleichnamigen Ich-Erzähler auf einen Roadtrip durch die Herkunftsgeschichte seiner Familie. Meisterhaft versteht es der Autor dabei erneut, die große Erzählung mit einem spöttischen Ton zu verknüpfen.

Christian Kracht. Eurotrash. Kiepenheuer Witsch. 224 Seiten, 22,70 Euro.

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Andreas Kanatschnig

Pechschwarz legt sich etwas Unbegreifliches über Archer’s Peak: In der flott erzählten Graphic Novel rückt Erica Slaughter (nomen est omen) dem Monster, das die Kinder tötet, zu Leibe. Atemloser Horror-Dreiteiler für die Hitze der Tage.

J. Tynion IV, W. Dell’Edera. Something Is Killing the Children 1. Splitter, 144 Seiten, 20,40 Euro.

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Karin Waldner-Petutschnig

Dass sie Welten trennen, merkt man erst spät: Da ist die ihr reiches Elternhaus verleugnende Elisabeth, die mit ihrer Familie von New York aufs Land zieht. Dort ist ihr Babysitter, die viel jüngere Studentin Sam. Herzerwärmend wie „Sommer in Maine“.

J. Courtney Sullivan. Fremde Freundin. Zsolnay, 528 Seiten, 24,70 Euro.

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Werner Krause

Abenteuer- und Geschichtsroman, Sternenkunde als Zugabe – eine restlos geglückte Mischung, mit der Insel St. Helena 1679 als Schauplatz. Der Astronom Edmond Halley, Kometen-Entdecker, macht einen Buben zu seinem Gehilfen. Magische Dichtkunst.

Olli Jalonen. Die Himmelskugel. mare. 544 Seiten, 26,90 Euro.

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Bernd Melichar

Ein wilder Romanbastard, ideentrunken und lebensprall; die Geschichte eines Anthropologen, der die französische Provinz erkunden will und dort in einer irren Reinkarnationsschleife landet. Ein ebenso forderndes wie vergnügliches Leseabenteuer.

Mathias Enard. Das Jahresbankett der Totengräber. Hanser, 480 Seiten, 26,90 Euro.

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Ute Baumhackl

Am Anfang stand eine Leseperformance, dann wurde ein Buch daraus. Carolin Emckes Reflexionsversuch über die #MeToo-Debatte: eine leichtfüßige, richtig witzige Miniaturensammlung für alle, die sich von der Diskussion schon sacht erschöpft fühlen.

Carolin Emcke. Ja heißt ja und… Verlag S. Fischer, 112 Seiten, 15,90 Euro.

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Martin Gasser

Das postkommunistische Rumänien als korruptes, trauriges Land, dessen Akteure wie verkümmerte Wiedergänger Draculas wirken: Das klingt klischeehaft, aber Dana Grigorcea instrumentiert das Thema originell um. Ein Horrorroman über eine Nation.

Dana Grigorcea. Die nicht sterben. Penguin. 272 Seiten. 22,90 Euro.

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Marianne Fischer

Was für ein Duo: Theresa Prammer lässt den schwulen, gesundheitlich angeschlagenen Detektiv Edgar Brehm und die Schauspielschülerin Toni Lorenz in einem #MeToo-Fall im Wiener Filmmilieu ermitteln. Ein charmant-unterhaltsames Lesevergnügen.

Theresa Prammer. Lockvogel. Haymon-Verlag, 376 Seiten, 24,90 Euro.

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Daniel Hadler

Kein Geheimnis, dass Dževad Karahasan ein brillanter Erzähler ist. Ebenso kein Geheimnis ist die bittere Ausweglosigkeit Sarajevos im Jugoslawienkrieg. Karahasans neu übersetztes und ergänztes Essay ist die lesenswerte Verbindung beider Geheimnisse.

Dževad Karahasan. Tagebuch der Übersiedlung. Suhrkamp. 223 Seiten, 24,70 Euro.

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Andreas Kanatschnig

Diese bibliophile Graphic Novel des „New York Times“-Bestsellerautors Adrian Tomine ist eine Art Tagebuch-Autobiografie. Sensibel und zeichnerisch auf das Wesentliche reduziert, überwindet Tomine die Einsamkeit des Langstrecken-Cartoonisten und teilt sein Leben mit dem der Leserschaft.

Adrian Tomine. The Loneliness of the Long-Distance Cartoonist. Faber, 168 Seiten, ca. 25 Euro.

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Karin Waldner-Petutschnig

Die 14-jährige Edie lebt mit ihrer Familie auf einer Farm im England der 1930er Jahre. Die Einzelgängerin ist fasziniert von der schillernden Journalistin Constance, die kommt, um über das Landleben zu schreiben. Die Folgen des Weltkrieges stehen im Kontrast zu starken, poetischen Naturschilderungen.

Melissa Harrison. Vom Ende eines Sommers. Dumont. 318 Seiten, 22,70 Euro.

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Werner Krause

Der Dorfteich verwandelt sich in einen Ozean, wöchentlich gibt es Festspiele unter Kunstpalmen und und und … Mit sagenhafter Fantasie, Fabulierfreude und sprachlicher Bravour schuf Thomas Kunst eine Gegenwelt, liebenswert, anarchisch, famos. Alles, was ein exzellentes Buch braucht.

Thomas Kunst. Zandschower Klinken. Suhrkamp, 252 Seiten, 22,70 Euro.

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Bernd Melichar

Wer Zionismus, Psychotherapie, Medienvoyeurismus und Sterbehilfe unter einen Hut bringt und daraus mit leichter Hand und scharfem Geist einen hinreißenden, aberwitzigen Roman destilliert, muss ein literarischer Hochseilartist sein. Manege frei für den schwindelfreien Niederländer.

Arnon Grünberg. Besetzte Gebiete. Kiepenheuer & Witsch, 432 Seiten, 24,90 Euro.

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Ute Baumhackl

Das mit dem Schottland-Urlaub wird ja heuer eher nix, mit diesem Roman taucht man dafür umso tiefer ein in den Alltag einer abgelegenen Shetland-Insel. Äußerlich tut sich kaum Weltbewegendes, im Innenleben der Protagonisten aber spielt es Granada.

Malachy Tallack. Das Tal in der Mitte der Welt. Luchterhand, 384 Seiten, 20,90 Euro.

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Martin Gasser

Mit dem Roman über seine geistig langsam verdämmernde Schwiegermutter gelingt dem niederländischen Kultautor J. J. Voskuil ein Blick auf das Thema Demenz, der in seiner Nüchternheit und Zartheit berührt. Kunstvoll montiert und doch schlicht.

J. J. Voskuil. Die Mutter von Nicolien. Wagenbach, 256 Seiten, 23,90 Euro.

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Marianne Fischer

Urkomisch und gleichzeitig todtraurig: Vier rüstigen Rentnern fehlt im Altersheim der Nervenkitzel, also widmen sie sich alten Kriminalfällen – und natürlich kommt auch der eine oder andere Mord um die Ecke. Very british und einfach unterhaltsam.

Richard Osman. Der Donnerstagsmordclub. List, 464 Seiten, 16,50 Euro.

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Daniel Hadler

Grotesker denn je gab sich Joachim Meyerhoff in seinem fünften Buch, das zwar nicht mehr taufrisch ist, mit seinem hochunterhaltsamen Grundton aber immun dagegen ist, Staub anzulegen. Wie der Autor Schicksalsschläge mit Ironie unterläuft, imponiert.

Joachim Meyerhoff. Hamster im hinteren Stromgebiet. K & W. 320 Seiten. 24,70 Euro.

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Andreas Kanatschnig

Der Ruhm von Autor Neil Gaiman gründet auf diesem Monumentalwerk der Graphic-Novel-Literatur, das ab 1988 erschien: eine traumwandlerische Story über den Herrn der Träume, Dämonen und okkulte Zirkel. Dicht, opulent – bald als Netflixserie.

Neil Gaiman. Sandman. Vertigo, Deluxe-Band 1, 252 Seiten, 30,90 Euro (jedoch mehrbändig).

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Karin Waldner-Petutschnig

Voll Wortwitz und Charme erzählt Mieze Medusa von drei Einzelgängern, die erkennen: Zusammen ist man weniger allein. Das Wiener Mädel mit Migrationshintergrund, der Computer-Nerd und die 60-plus-Feministin muss man einfach mögen!

Mieze Medusa. Du bist dran. Residenz. 256 Seiten, 22 Euro.

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Werner Krause

Irgendwo in der norwegischen Einöde. Ein junges Geschwisterpaar, Bub und Mädchen, versucht, sich durchs Leben zu schlagen. Der Bub gilt als Sonderling, nicht nur, weil er mit den Vögeln redet. Ein erzählerisches Naturereignis, zutiefst berührend.

Tarjei Vessas. Die Vögel. Guggolz, 260 Seiten, 23 Euro.

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Bernd Melichar

Der Arzt und Freigeist Samuel Pozzi ist der rote Faden für einen schillernden Streifzug durch die Untiefen der Belle Époque, die durchaus auch ihre dunklen Seiten hatte. Eine hochliterarische Kultur- und Gesellschaftsgeschichte voll Esprit und Eleganz.

Julian Barnes. Der Mann im roten Rock. Kiepenheuer & Witsch, 304 Seiten, 24,90 Euro.

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Ute Baumhackl

Man sollte der Jugend echt mehr vertrauen: Dieses Buch war die Empfehlung einer 19-Jährigen. Die Essays des Jugend- und Bestsellerautors John Green („Das Schicksal ist ein mieser Verräter“) bieten federleicht Erhellendes über das Leben usw.

John Green. Wie hat Ihnen das Anthropozän bis jetzt gefallen? Hanser, 320 S., 23 Euro.

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Martin Gasser

Rosmarie Waldrops 1986 im englischen Original erschienener Roman ist keine leichte Sommerlektüre, sondern ein feinmaschiges geistiges Geflecht. Sie versucht eine Familiengeschichte zu konstruieren und benennt die Probleme eines solchen Vorhabens.

Rosmarie Waldrop. Pippins Tochters Taschentuch. Suhrkamp. 280 Seiten, 24,95 Euro.

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Marianne Fischer

Das radikale Porträt einer jungen Frau, die von den vielfältigen Ansprüchen des Lebens überfordert ist: Teresa startet eine Reihe von Selbstexperimenten und dokumentiert, wie sich ihr Körper verändert. Eindringliche Kritik an einer egozentrischen Gesellschaft.

Silvia Pistotnig. Teresa hört auf. Milena-Verlag. 240 Seiten, 23 Euro.

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Daniel Hadler

Jede Taxifahrt eine Reise, die nach Abenteuer oder Heimat schmeckt. Fein, wie Saša Stanišić in diesem Buch, das für Groß und Klein funktioniert, mit Leerräumen arbeitet und der Fantasie überlässt, was der Autor auslässt. Ein süßes Buch bunter, kluger Freude.

Saša Stanišić. Hey, hey, hey, Taxi. Mairisch Verlag. 96 Seiten, 18,50 Euro.

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Andreas Kanatschnig

Frankreich zwischen Herbst 1940 und Winter 1941: Während die Nazis das Land einnehmen, bauen die Kinder Eusèbe, François und Lisa, eine Widerstandsbewegung auf. Der zweite Teil des französischen Bestsellers ist gerade erschienen: überzeugend, fesselnd, ein richtiger Page-Turner.

Benoît Ers, Vincent Dugomier. Die Kinder der Résistance, 1 u. 2 von 6. Bahoe, 56 Seiten, 16 Euro.

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Karin Waldner-Petutschnig

Anoush und Anouk, beide gleich alt, beide Töchter eines Iraners und einer Deutschen, sind beste Freundinnen. Als Anouk sich das Leben nimmt, zieht sich Anoush in ein Häuschen in Italien zurück. Die Aussöhnung mit ihren Wurzeln gelingt dank der Bekanntschaft mit einer mysteriösen Frau.

Siba Shakib. Der Kirschbaum, den sie ihrer Mutter nie schenkte. Bertelsmann. 368 S., 22,70 Euro.

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Werner Krause

Es beginnt mit Korruption und Bauspekulationen in Chicago, doch die Spuren führen zurück bis zum Militärputsch in Chile 1973, bei dem auch der US-Geheimdienst kräftig mitmischte. Jeder hat Dreck am Stecken. Brisant, entlarvend, realistisch – Crime Noir in höchster, düsterster Vollendung.

Sara Paretsky. Landnahme. Ariadne. 544 Seiten, 24,70 Euro.

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Bernd Melichar

Die Ikone des Suspense-Krimis hat diese kriminell gute Geschichte um eine Liebe zwischen zwei völlig unterschiedlichen Frauen bereits 1950 unter einem Pseudonym geschrieben, einer Veröffentlichung aber erst 1990 zugestimmt. Ihr einziges Buch mit einem annähernden „Happy End“.

Patricia Highsmith. Salz und sein Preis. Diogenes, 460 Seiten, 13,40 Euro.

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