Fakt oder Fake | Der große Corona Faktencheck
Ausnahmsweise steckt mal nicht George Soros hinter der Weltverschwörung. Dieses Mal ist es Microsoft-Milliardär Bill Gates, der uns alle zwangsimpfen will, um jedem Individuum einen Chip einzupflanzen. Was absurd klingt, verbreitet sich in Österreich, Deutschland und der Welt wie ein Strohfeuer. Ein abstraktes Unwohlsein mit “denen da oben” verwandelt in eine gefährliche Verschwörungstheorie, die jeder realen Basis entbehrt.
Sie ist nicht die einzige Theorie, die durch vermeintliche “Experten” im Netz verbreitet wird. Oft werden Studien und Zitate aus dem Zusammenhang gerissen oder unglaubwürdige Quellen zitiert, sodass die Aussage für den Betrachter zunächst als wahr erscheinen könnte. So wird oft ein Fünkchen Wahrheit genommen, verdreht, aus dem Kontext gerissen und schon ist eine Verschwörungstheorie entstanden. Nicht selten aus fragwürdigen politischen Motiven.
Wir haben zehn dieser Theorien geprüft und für dich eingeordnet:
#1 Infizierte Kinder sind nicht ansteckend
» Es gibt Hinweise, dass Kinder sich weniger oft anstecken und das Virus seltener übertragen
» Virologe Christian Drosten sagt, dass Kinder genauso ansteckend sind wie Erwachsene
» Die Frage wie viel weniger ansteckend Kinder sind, ist nicht abschließend geklärt
» Kinder haben in den allermeisten Fällen sehr milde Verläufe
Das Problem: Noch gibt es auf diese Frage keine eindeutige Antwort – denn bisherige Daten liefern zwar Hinweise dafür, dass sich Kinder weniger oft anstecken und womöglich auch nur eine untergeordnete Rolle als Überträger spielen, aber: „Es gibt noch keinen Beweis dafür“, sagt Volker Strenger, Kinderfacharzt an der Med Uni Graz und Leiter der Arbeitsgruppe Infektiologie der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ).
„Was bisher klar ist“, sagt Strenger, „Kinder erkranken seltener an Covid-19 als Erwachsene und sie erkranken nur ganz selten schwer, meist haben sie nur milde Verläufe oder gar keine Symptome.“
Zur Frage, wie häufig sich Kinder anstecken und wie leicht sie das Virus weitergeben, gibt es noch wenige Untersuchungen, diese laut dem Kinder- und Jugendfacharzt Hans Jürgen Dornbusch aber in eine Richtung: „Zwischen Kindern passieren wenige Ansteckungen und Kinder scheinen auch in Haushalten, ganz anders als bei der Influenza, nicht die Erwachsenen anzustecken.“
Die Hinweise darauf, dass Kinder sich seltener anstecken, stammen unter anderem aus einer chinesischen Studie, die Ansteckungen in Haushalten untersuchte und wo sich zeigte, dass sich nur vier Prozent der Kinder, aber 20 Prozent der Erwachsenen in betroffenen Haushalten angesteckt haben – gleichzeitig gibt es aber auch eine zweite chinesische Studie, die zeigt, dass Kinder und Erwachsene sich gleich häufig angesteckt haben.
Weitere Hinweise kommen aus einer Untersuchung aus Island: 13.000 Menschen ohne Krankheitszeichen wurden dort auf das neuartige Coronavirus getestet, kein einziges Kind (von über 800 getesteten) unter zehn Jahren war betroffen. In der Lombardei wurde beinahe die ganze Ortschaft Vo‘ im Rahmen einer Studie getestet, auch hier war kein einziges Kind infiziert, obwohl Kinder in gemeinsamen Haushalten mit Infizierten lebten. Und dann gibt es noch das französische Kind, das sich mit dem Coronavirus angesteckt hatte und drei Schulen besuchte, da die Ansteckung unbemerkt blieb. Insgesamt hatte das Kind 172 enge Kontakte zu anderen Menschen – steckte aber keinen einzigen davon an.
In einer Studie schreibt der deutsche Chef-Virologe Christian Drosten jedoch, dass Kinder vermutlich eine ähnlich hohe Viruslast in sich tragen, wie Erwachsene. In der vorgestellten Überarbeitung hat das Team die Daten von insgesamt 3.303 Sars-CoV-2-Infizierten analysiert. Sie fanden demnach bei 29 Prozent der Kinder (0 bis 6 Jahren), bei 37 Prozent der Kinder zwischen 0 und 19 Jahren sowie bei 51 Prozent der über 20-Jährigen eine Virusmenge, die für eine Ansteckung wahrscheinlich ausreichend ist. Die Unterschiede zwischen den Gruppen könnten auch auf unterschiedliche Anwendung der Tests zurückzuführen sein.
Von Sonja Krause
#2 Corona ist nur für ältere Menschen wirklich gefährlich
» Statistisch gesehen erkranken alte Menschen deutlich häufiger schwer und versterben auch häufiger
» Einzelne Fälle zeigen, dass auch junge Menschen vor schweren Verläufen nicht gefeit sind
» Die Langzeitfolgen der Erkrankung auch für junge Menschen sind noch nicht absehbar
Statistisch gesehen erkranken ältere Menschen deutlich häufiger schwer und sterben auch häufiger an den Folgen einer Corona-Erkrankung als junge Menschen. Das Virus ist dadurch aber nicht automatisch ungefährlich für junge Menschen. Besonders (unentdeckte) Vorerkrankungen können das Risiko der jüngeren Altersgruppe steigern, schwer zu erkranken. In Österreich waren die jüngsten Verstorbenen in der Altersgruppe von 35 -44 Jahren – jüngere Todesopfer gab es bisher nicht.
Einzelne Fälle zeigen aber immer wieder, wie gefährlich das Virus für junge Menschen sein kann. Besonders die Langzeitfolgen der Erkrankung sind nicht klar. Der Virus kann im schlimmsten Fall den ganzen Körper befallen.
Vor wenigen Tagen teilte eine 26-jährige Läuferin ihre Erfahrungen mit der Erkrankung. Zwar war der Verlauf bei ihr relativ mild gewesen, aber noch Wochen später kämpft die junge Sportlerin aus Deutschland mit Atemnot und muss mittlerweile zwei Mal täglich zu einem Asthmaspray greifen, um ihr das Atmen zu erleichtern. Auch Italiens “Patient 0” namens Mattia war erst 38 Jahre alt und zweifellos sportlich, fit und ohne Vorerkrankungen. Die Ärzte kämpften auf der Intensivstation wochenlang um sein Überleben. Mittlerweile ist der Mann wieder genesen und hat kurz nach seiner Genesung die Geburt seines Sohnes erleben können. Nicht ganz so positiv ging das Schicksal eines bolivianischen Profi-Kickers aus. Am 1. Juni verstarb der erst 25 Jahre alte Profifußballer an der Erkrankung. Diese Beispiele zeigen, dass es keine Garantie ist jung und fit zu sein, wenn das Virus den Körper erst einmal infiziert hat.
Von Larissa Eberhardt
#3 Schweden hatte die deutlich bessere Strategie
» Auch in Schweden gab es Einschränkungen des öffentlichen Lebens
» Es starben mehr als sechsmal so viele Schweden, wie Österreicher an Corona
» Die Wirtschaft befindet sich in ihrer größten Krise seit 50 Jahren
» Schweden ist weit entfernt von einer Herdenimmunität
38 589 Fälle zählt das 10 Millionen-Einwohner-Land Schweden mit Stand 03.06.2020. Todesfälle sind es bereits 4 468, deutlich mehr als Österreich, das mit einer fast vergleichbaren Populationsgröße aktuell nur 669 Todesfälle verzeichnet.
Die Strategie des leitenden schwedischen Virologen Tegnell hatte sich von Anfang an von der des Rests Europas unterschieden: Er hatte auf eine Herdenimmunisierung gesetzt und hatte behauptet, dass die Strategien der anderen europäischen Länder die Todesfälle lediglich verzögern würden, da sich langfristig der Großteil der Bevölkerung anstecken würde. In einer groß-angelegten Antikörperstudie wurde jetzt untersucht, wie viele Schweden mittlerweile tatsächlich immun sind. Das kann Aufschluss darüber geben, ob das Ziel der Herdenimmunisierung erreicht wurde. Die Studie belegt, dass das nicht der Fall ist. Demnach hatten 7,3 Prozent der Bewohner Stockholms Antikörper gegen das Corona-Virus gebildet. In anderen Regionen waren es nur 3,7 bis 4,2 Prozent. Die Zahlen spiegelten den Zustand der Bevölkerung Anfang April wieder, heißt es in einer Regierungspressemitteilung. Auch braucht der Körper einige Wochen, um tatsächlich Antikörper zu bilden. Die Rate dürfte also etwas steigen. Dennoch ist der Anteil weit entfernt von einer Herdenimmunität.
Anders als weitläufig angenommen, gab es auch in Schweden Einschränkungen des öffentlichen Lebens: Ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen sollten die Öffentlichkeit meiden, Menschen sollten generell zuhause bleiben, von Reisen wird abgeraten, wer kann, sollte im Homeoffice arbeiten, in Restaurants muss Abstand gehalten werden; Gäste müssen ausreichend Platz an einem Tisch haben. Das berichtet Quarks in einem groß angelegten Bericht über die schwedische Strategie.
Auch die schwedische Wirtschaft ist nicht unbeschadet durch die Krise gekommen. Doch trotz der vergleichsweise lockeren Maßnahmen trifft die Corona-Krise auch die schwedische Wirtschaft mit voller Härte: „Wir sehen den größten Einbruch seit den 50er-Jahren“, sagte der Ökonom Eric Spector gegenüber dem Sender SVT.
Die EU-Kommission prognostizierte minus 6,1 Prozent für Schwedens Wirtschaft. In Bezug auf die Arbeitslosigkeit wird heuer in Schweden mit einem Anstieg auf 10 Prozent gerechnet. Für Österreich erwartet Brüssel eine geringere Rezession von minus 5,5 Prozent. EU-weit rechnet Brüssel mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 7,4 Prozent.
Schwedens Wirtschaft ist stark exportorientiert. Doch da – trotz Freiwilligkeit – de facto viele Schweden zu Hause bleiben, leiden auch Modehäuser und die Gastronomie. Versammlungen von mehr als 50 Personen sind verboten; Clubs und Discotheken bleiben geschlossen.
Von Larissa Eberhardt und Nina Koren
#4 Das Coronavirus stammt aus einem chinesischen Labor
» Es gibt keine Beweise, dass das Virus aus dem Labor stammt
» Sehr viel wahrscheinlicher ist eine Übertragung von Wildtieren auf Menschen, die auf Wuhans Tiermarkt passierte
» Präsident Trump schürt in dieser Hinsicht Gerüchte, die nicht mit Fakten belegbar sind
Hat China die Corona-Krise ausgelöst und vertuscht? Um diese Frage ist in ein heftiger Streit zwischen den USA und China entbrannt – und er schaukelt sich mit jedem Tag weiter auf. Einige Beobachter sprechen bereits von einem neuen „Kalten Krieg“ zwischen Washington und Peking – der allerdings schon vor Corona mit dem Handelskrieg unter Trump an Fahrt gewann. Was ist dran an den Vorwürfen?
Zwei grundsätzliche Probleme gibt es im Umgang mit der Corona-Krise. Erstens: Ein hoher Grad an Ungewissheit, da das Virus neu ist. Das betrifft seinen Ursprung, seine Entwicklung und medizinische Fragen.
Als wäre diese Situation nicht komplex genug, gibt es derzeit noch eine zweite Quelle von Ungewissheit: Anstatt zu warten, bis eben alle Fragen so weit als möglich geklärt sind, liefern sich mehrere Staatskanzleien – wie schon vor der Corona-Krise – Scharmützel darum, wer dem anderen die Schuld zuschieben und das eigene Versagen damit reinwaschen kann.
Das Weiße Haus erhebt Anschuldigungen, für die der Wahrheitsbeweis aussteht. Die US-Regierung behauptet, das Virus sei künstlich hergestellt – und zwar in dem Hochsicherheits-Forschungslabor in Wuhan, das ursprünglich gemeinsam mit Frankreich gegründet worden war. Trump behauptet, er habe Beweise. Vorlegen konnte er bisher keine. Verknüpft sind die Behauptungen mit Schadenersatz-Forderungen und Sanktionsdrohungen.
China weist die Anschuldigungen der US-Regierung zurück. Es handle sich dabei um eine Strategie, von der eigenen „Unfähigkeit“ im Kampf gegen die Pandemie abzulenken, kommentierte die Zeitung „Global Times“, die vom kommunistischen Parteiorgan „Volkszeitung“ herausgegeben wird.
Problematisch ist, dass mittlerweile auch die WHO einen Teil der Anschuldigungen der USA für erwiesen hält: Die chinesische Volksrepublik habe zu spät auf Warnungen reagiert und das Ausmaß der Pandemie zu Beginn heruntergespielt. Vor diesem Hintergrund fallen Verschwörungsmythen, wie die künstliche Herstellung des Virus, natürlich auf deutlich fruchtbareren Boden.
Selbst der US-Geheimdienst schließt Trumps Labor-These aus
Dass das Virus aus dem Labor in Wuhan stammt, ist dagegen hoch umstritten. Was Wissenschafter – und auch Trumps eigene Geheimdienste – ausschließen: dass das Virus künstlich erzeugt wurde. In einer im Februar auf der Plattform „Virological“ und am 17. März im Wissenschaftsmagazin „Nature“ veröffentlichten Studie erklärten fünf Forscher, es sei unwahrscheinlich, dass SARS-CoV-2 durch Manipulation eines existierenden SARS-ähnlichen Coronavirus entstanden sei. Die genetische Information des Virus zeige deutlich, dass es nicht künstlich aus einem anderen Virus konstruiert worden sein, schreibt ein kalifornisches Forscherteam um den Mikrobiologen Kristian Andersen.
Man gehe vielmehr davon aus, dass sich das neuartige Coronavirus in der Tierwelt entwickelt hat – ähnlich wie andere Viren, die auf den Menschen übergesprungen sind. Wäre es künstlich erschaffen worden, wäre dies im Genom des Virus erkennbar. In der Medizinfachzeitschrift „The Lancet“ stützten weitere Forscher diese Erkenntnisse. Zugleich kritisierten sie, dass Verschwörungstheorien „Angst, Gerüchte und Vorurteile erzeugen, die die globale Kooperation im Kampf gegen das Virus gefährden“.
Forscher des „Shanghai Public Health Clinical Centre“ hatten Ende Dezember Daten über das Genom des Virus veröffentlicht, dessen Analyse auf eine Herkunft aus Fledermäusen hinweist. Laut einer weiteren Studie aus China im Februar könnte das Virus von Fledermäusen auf Gürteltiere und von dort auf Menschen übertragen worden sein.
Laut Forschern von der Universität Cambridge ist es nicht sicher, dass Wuhan der Ausgangspunkt war – dieser könnte auch in der südlichen Provinz Guangdong liegt.
Was die Zweifel zusätzlich anheizt: Die „Washington Post“ berichtete 2018 über Sicherheitsbedenken in Bezug auf das Labor. Zudem gibt es Ungereimtheiten in Bezug auf die These, das Virus sei auf einem Wildtiermarkt in Wuhan auf den Menschen übergesprungen – die Infektionskette lässt sich hier nicht eindeutig nachverfolgen. Zugleich gibt es aber auch US-Forscher, die das Labor besucht haben und die Sicherheitsstandards als hoch einschätzten. Shi Zhengli, die führende Wissenschaftlerin in Wuhan, die seit Jahren zu von Fledermäusen übertragenen Corona-Viren forscht „schwört bei ihrem Leben“, das Virus stamme nicht aus dem Labor. Auch Star-Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité attestiert: Dass das Virus künstlich hergestellt ist, sei “kompletter Unsinn.”
Von Nina Koren
#5 Trumps Malaria-Medikament hilft gegen Corona
» Das Mittel hilft erwiesenerweise nicht gegen Corona
» Teilweise erhöhte es sogar die Sterblichkeit der Patienten
» Es kann schwere Nebenwirkungen wie Herzrhythmusstörungen hervorrufen
» Mittlerweile hat die WHO die Tests zum Mittel aus Sicherheitsbedenken gestoppt
Diese Behauptung ist nicht belegt. In klinischen Studien zeigte sich sogar ein negativer Effekt in Sachen Sterblichkeit der Patienten. Auch gibt es schwere Nebenwirkungen wie Herzrhythmusstörungen.
Allerdings ist die Forschung noch nicht weit genug fortgeschritten, um eine abschließende Bewertung vornehmen zu können. „Es gibt überhaupt gar keine Hinweise, dass die prophylaktische Einnahme wirken würde“, sagt der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit. Es liefen derzeit zwar Studien dazu, diese hätten aber noch keine validen Daten hervorgebracht und seien auch noch nicht unabhängig wissenschaftlich bewertet worden. Der Mediziner forscht unter anderem am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) in Hamburg.
Zwei Studien aus China und Frankreich von Anfang Mai mit 150 beziehungsweise 180 Probanden stellten beispielsweise keinen Einfluss von Hydroxychloroquin auf den Covid-Verlauf fest. Eine US-Untersuchung mit rund 370 Männern von April ergab sogar, dass bei jenen Patienten, die das Malaria-Medikament erhielten, die Sterberate deutlich höher war. Allerdings hätten diese auch besonders schwere Covid-Symptome gezeigt.
Für Trump überwiegen nach eigenen Angaben mögliche Vorteile von Hydroxychloroquin gegenüber den Risiken. Die Nebenwirkungen des Präparats sind Schmidt-Chanasit zufolge gut erforscht. Die US-Lebensmittel- und Arzneibehörde FDA spricht von einem erhöhten Risiko für Herzrhythmus-Störungen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) schreibt, es könne zudem bei bestimmten Patienten die Leber- und Nierenfunktion beeinträchtigen, zu epileptischen Anfällen führen oder einen zu niedrigen Blutzuckerspiegel bewirken.
„Das heißt im Umkehrschluss aber nicht, dass das ein gefährliches Medikament ist“, sagt Schmidt-Chanasit. Das BfArM warnt aber davor, das Medikament ohne Verschreibung oder ärztliche Aufsicht einzunehmen.
Nach eigener Aussage zeigten sich bei Trump, der sicherlich intensiv von seinen Ärzten überwacht wird, keine Nebenwirkungen. Für Schmidt-Chanasit ist das durchaus nachvollziehbar, sollte der 73-Jährige nur niedrige Dosen des Medikaments erhalten. Wegen großer Sicherheitsbedenken hat die WHO Tests mit dem Mittel mittlerweile gestoppt.
Von APA
#6 Bill Gates steckt hinter der Corona-Pandemie
» Diese Behauptung entbehrt jeder Grundlage und ist in erster Linie politisch motiviert
» Die Behauptung dient dazu, die Schwere der Corona-Pandemie herunterzuspielen
» Bill Gates eignet sich, ähnlich wie George Soros, als perfekte Projektionsfläche einer allmächtigen “globalen Elite”. Diese Erzählung wird für viele Menschen angesichts steigender ökonomischer Ungleichheiten immer attraktiver
Weil er schon 2015 vor einer weltweiten Pandemie warnte, ist Bill Gates für viele Verschwörungstheoretiker der Urheber der Coronakrise. Nach Angaben der Marktforschungsgruppe Zignal ist Bill Gates der am häufigsten genannte Name im Zusammenhang mit Falschmeldungen zum Coronavirus.
Die aktuellen Verschwörungstheorien zu Bill Gates und dem Coronavirus „erscheinen mir in erster Linie politisch motiviert“, erklärt Andreas Jungherr, Professor an der Universität Konstanz für den Studiengang „Social Science Data Collection and Analysis“ im Bayerischen Rundfunk. „Manche sehen die Maßnahmen zur Bekämpfung des Virus nicht als objektiv und wissenschaftlich begründete Reaktion, sondern als politisch motivierten Eingriff in Freiheitsrechte“, erklärt Jungherr weiters. In den USA werde dies noch durch die bevorstehenden Wahlen verschärft.
Mit Verschwörungstheorien um Bill Gates könne man die Schwere der Corona-Pandemie herunterspielen. „Was vorher objektiv notwendig und wissenschaftlich begründet schien, kann jetzt als im Interesse einer globalen Elite diskreditiert werden“, führt der Experte für Sozial- und Wirtschaftsdaten im Bayerischen Rundfunk aus.
Bill Gates ist der Mitgründer des Softwarekonzerns Microsoft. Gegen das Unternehmen wurden in den späten 1990er-Jahren etliche Kartellverfahren angestrengt. Heute konzentriert sich Bill Gates auf die wohltätige Arbeit in der Stiftung, die er zusammen mit seiner Frau Melinda führt. Die „Bill & Melinda Gates Foundation“ ist die größte Privatstiftung der Welt.
2005 wurde er von „Time“ zur „Person des Jahres“ gekürt, gemeinsam mit seiner Frau Melinda und Bono von U2, weil sich alle drei für die Bekämpfung von Armut stark machen würden.
Warnung vor weltweiten Pandemien
In einem sogenannten „TED-Talk“ im Jahr 2015 warnte Bill Gates prophetisch vor einer weltweiten Pandemie. Nicht ein Atomkrieg oder andere kriegerische Konflikte seien die großen Gefahren in der Welt, nein, Pandemien seien die wahre Bedrohung, sagte er damals im legeren Pullover auf einer Bühne vor Tausenden Zuhörern. Es war Gates‘ Appell, mehr in Forschung, Medikamente, Impfstoffe zu investieren.
In der Coronakrise ist der 64-jährige Multimilliardär von Verschwörungstheoretikern umzingelt, für viele ist er überhaupt der Drahtzieher der Pandemie. Bei den jüngsten Anti-Corona-Protesten in Deutschland trugen Demonstranten Masken, auf denen „Kill Bill“ stand oder „Gebt Gates keine Chance“ .
Die Anschuldigungen gegen den Multimilliardär sind haarsträubend, der Phantasie scheinen keine Grenzen gesetzt zu sein: So heißt es etwa, Gates selbst habe das Virus erschaffen, weil er letztlich Mikrochips in Menschen einpflanzen wolle um sie überwachen zu können und die Weltherrschaft anstrebe – letztlich gehe es natürlich um Unmengen Geld, die Gates scheffeln wolle. Im Vergleich zu diesen Ideen wirkt James Bond wie ein müder Plot.
Nach Angaben der Marktforschungsgruppe Zignal, die ihren Stammsitz in San Francisco hat, ist Bill Gates der am häufigsten genannte Name im Zusammenhang mit Falschmeldungen zum Coronavirus.
Aber selbst auf der Internetseite des Weißen Hauses gibt es eine Petition, die Ermittlungen gegen die Gates-Stiftung wegen „Verbrechen gegen die Menschheit“ fordert. Am Rande sei erwähnt, dass Bill Gates zu den strengsten Kritikern der Trump-Regierung zählt. So kritisierte Gates öffentlich, dass der US-Präsident die WHO in der Coronakrise im Regen stehen lasse, weil er der Weltgesundheitsorganisation den Geldhahn zugedreht hat.
Die Gates-Stiftung hat mittlerweile 300 Millionen Dollar im Kampf gegen das Coronavirus aufgebracht.
In der FAZ wurde Bill Gates kürzlich in einem Interview gefragt, ob er die Verschwörungstheorien gegen ihn ernst nehme oder ob er darüber lachen könne. Die Antwort des Microsoft-Gründers: „Naja, ich bin mir ziemlich sicher, ich habe das Virus nicht erfunden. Um Ihre Frage zu beantworten: Es ist ein bisschen von beidem. Das Ganze kann in gewisser Weise lustig sein, aber wenn Leute es wirklich glauben, ist es irgendwie erschreckend und gefährlich.“
Zwar entbehren die Theorien über Bill Gates jeglicher Grundlage, aber es ist dennoch legitim in Frage zu stellen, wie viel politischen Einfluss Superreiche aufgrund ihrer ökonomischen Privilegien haben. Diese berechtigte Kritik wird in Verschwörungslegenden allerdings ad absurdum geführt.
Von Manuela Swoboda
#7 Das Corona-Virus gibt es schon immer in Europa
» Die Familie der Coronaviren existiert in Europa schon länger
» Der Erreger Sars-Cov-19, Verursacher der aktuellen Pandemie, ist recht neu
» Es hat sich im Nachhinein gezeigt, dass es bereits vor dem offiziellen Ausbruch in Europa vereinzelte Fälle von Corona gab
Erkältungskrankheiten, die durch Corona-Viren verursacht wurden, sind in Europa schon länger zu beobachten. Doch der Virenstrang, der die aktuelle Pandemie auslöste, ist deutlich aggressiver, tödlicher. Hier muss also zwischen bekannten Corona-Viren und dem neuartigen Sars-Cov-19 unterschieden werden. Was sich mittlerweile jedoch auch belegen lässt ist, dass sich Sars-Cov-19 bereits früher in Europa verbreitete, als bisher angenommen.
Von Sonja Krause
#8 Das Virus wird mutieren und dadurch noch gefährlicher werden
» Das Virus kann mutieren, wird dadurch aber nicht automatisch gefährlicher
» Viren haben zum Ziel zu überleben, deshalb ist es nicht in ihrem Interesse ihren Wirt zu töten
» Eine Mutation wurde vermutlich folgenlos bleiben
Es ist ein Horrorszenario in einer an Horrorszenarien nicht gerade armen Zeit: Was, wenn das neuartige Coronavirus mutiert und dadurch noch gefährlicher wird? Diese Sorge wird wohl vor allem durch Katastrophenfilm genährt, in der am Ende eines Virusausbruchs eine Zombie-Apokalpyse steht. Aber ist das tatsächlich ein reales Bedrohungsszenario in Bezug auf das aktuelle Virus Sars-CoV-2?
„Jedes RNA-Virus mutiert“, sagt dazu Florian Krammer, Mikrobiologe und Impfstoffforscher an der Icahn School of Medicine at Mount Sinai in New York. „Wir werden auch bei Corona-Viren Mutationen sehen, das heißt aber nicht, dass das Virus dadurch tödlicher wird oder sich schneller ausbreitet, sondern dass es sich verändert und das ist ein ganz natürlicher Prozess.“
Tatsächlich ist das neuartige Coronavirus, das gerade um die Erde geht schon sehr gut an den Menschen angepasst – es ist leicht übertragbar und breitet sich sehr gut aus. „Dadurch hat das Virus keinen evolutionsbiologischen Druck, sich zu verändern“, sagt Krammer – es muss nicht darum konkurrieren, sich unter Menschen noch besser verbreiten zu können.
Anders sei das zum Beispiel bei Vogelgrippe-Viren: Diese Viren können im Menschen schwere Erkrankungen auslösen, können sich aber nicht von Mensch zu Mensch ausbreiten. „Hier könnte es schon passieren, dass es zu Mutationen kommt, damit sich diese Grippeviren von Mensch zu Mensch verbreiten können“, sagt Krammer.
Beim aktuellen Coronavirus besteht dieser Bedarf aber nicht – und daher rechnet der Experte auch damit, dass mögliche Mutationen von Sars-CoV-2 wohl ohne Konsequenzen bleiben werden. Das bedeutet: Eine Sorge weniger!
Von Sonja Krause
#9 Masken sorgen für Sauerstoffmangel
» Selbst genähte Masken, so genannte Communitymasken, sorgen für keine schlechtere Sauerstoffversorgung
» Medizinische Masken werden vor der Zulassung geprüft
Diese Behauptung wird oft mit einer Studie der Technischen Universität München aus dem Jahr 2005 untermauert, die sich mit dem Thema „Rückatmung von Kohlendioxid bei Verwendung von Operationsmasken als hygienischer Mundschutz an medizinischem Fachpersonal“. Diese Studie ist mittlerweile allerdings überholt und bezog sich schon damals nur auf zwei sehr spezifische Arten von Masken, die medizinischem Personal vorbehalten sind.
Generell lässt sich feststellen, bei sogenannten Community-Masken keinerlei erhöhte CO2-Konzentration im Blut entsteht und der Körper weiter ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird. Lediglich bei sehr alten Menschen oder COPD-Patienten kann eine sehr eng anliegende Maske dazu führen, dass das Atmen deutlich anstrengender wird. Communitymasken sind generell zum Fremdschutz da. Zwar ist ihre Wirksamkeit nicht durch Studien belegt, sie halten aber höchstwahrscheinlich größere Partikel ab und schützen dadurch unser gegenüber. Dadurch, dass sie luftdurchlässig sind, hindern sie grundsätzlich nicht am atmen. Experten sind sich einig, dass viel am Masken-Tragen auch eine Gewöhnungssache ist.
Medizinische Masken mit Filterfunktion werden in Österreich vom ÖTI – Institut für Ökologie Technik und Innovation GmbH getestet und zugelassen.
Von Larissa Eberhardt
#10 Es wird eine Zwangsimpfung gegen Corona geben
» Bisher gibt es noch keinen wirksamen Impfstoff auf dem Markt
» Sowohl Kurz als auch Anschober haben sich gegen eine Impfpflicht ausgesprochen
» Anschober: “Eine Impfpflicht wird es nicht geben.”
An vielen Standorten wird aktuell unter Hochdruck an einem Impfstoff geforscht. Bisher gibt es zwar einige vielversprechende Ansätze, aber keinen Stoff, der marktreif wäre. Die Schätzungen von Experten gehen auseinander, aber aktuell geht man nicht davon aus, dass ein Impfstoff vor 2021 verfügbar sein wird. Wenn dieser Impfstoff verfügbar ist, wird es auch zu Verteilungsfragen kommen. Wer wird zuerst geimpft und wie werden die Impfungen organisiert? Bis dahin ist es noch ein langer Weg. Manche Experten wie der deutsche Wissenschaftler Streeck, der die Studie zum nordrhein-westfälischen Corona-Hotspot Heinsberg veröffentlicht hat, geht gar davon aus, dass es gar nicht gelingen wird einen effektiven Impfstoff zu entwickeln.
Die Impfpflicht wurde international und auch in der österreichischen Politik heiß diskutiert. Während sich der steirische Landeshauptmann Schützenhofer für eine Impfpflicht aussprach, lehnen Anschober und Kurz diese ab. Man müsse auf Freiwilligkeit setzen, erklärte Anschober und hofft auf eine hohe Bereitschaft der Bevölkerung sich freiwillig impfen zu lassen. „Meine Erwartung und Hoffnung ist, dass die Krise so manifest da ist, dass das auf freiwilliger Ebene auch erreichbar ist”, erklärte er in einer Pressekonferenz. In Umfragen zeigt sich, dass nur etwa 25% der österreichischen Bevölkerung einer Impfung skeptisch gegenüber stehen.
Von Larissa Eberhardt